WANDERUNG NACH REITWEIN AUF DEM ODER-NEISSE-RADWEG
Gesäumt von Auen und alten Bäumen begleitet der Oder-Neiße-Radweg auf dieser Tour die Oder. Während Radler streckenweise hinter dem Deich in die Pedale treten, verlieren Wandernde von der Deichkrone aus nie den Blick auf den breiten Grenzfluss. Ziel ist Reitwein, die Perle des Oderbruchs.
Die Verbindung der Region zum Nachbarland Polen zeigt sich auf dieser Tour nicht nur durch den Blick über die Oder. Wer mit der RB26 fährt, wird sich mit großer Sicherheit in Gesellschaft vieler Polen befinden, die mit dieser Linie in ihre Heimat fahren. Unser Startpunkt Küstrin-Kietz war einst ein Ortsteil der Stadt Küstrin, bis 1937 fuhr sogar die Straßenbahn bis auf das linke Oderufer. Gleich das erste Highlight dieser Tour bestätigt die Verbindung zum Nachbarn – mit solidem deutsch-polnischen Handwerk in der Bäckerei in der Oderbruchstraße. Grenzübergreifende Spezialität ist Karpatka, eine traditionelle polnische Cremetorte. Aber auch die handgemachten Brote aus dem holzbefeuerten Ofen sind ein heißer Tipp.
Eisvogel und Neuntöter
Die Oderbruchstraße mündet in einen Feldweg und nach knapp zwei Kilometern und einigen Abzweigen (siehe Karte) geht es links auf den Oderdamm. Nun ist sie zu sehen, die Oder. Ihr Vorland bietet durch die Wechsel zwischen Niedrig- und Hochwasserperioden vielen Tier- und Pflanzenarten einen perfekten Lebensraum. Wer sich ruhig im Gelände bewegt, hat Chancen, einen Eisvogel oder einen Neuntöter zu beobachten. Die Tour führt weiter Richtung Süden. In der Nähe des Überleiters – er dient dazu, das Wasser zwischen Oder und dem Gewässersystem des Oderbruchs zu regulieren – steht ein Gedenkstein, der an den Hochwasser-Dammbruch 1947 erinnert. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Hinweisschild, das nach Reitwein weist. Der Bullergraben folgt dem Lauf der alten Oder. Seit die Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. die Oder weiter östlich in einen alten Seitenarm verlegen ließen, um das Oderbruch trockenzulegen, ist er nur noch ein kleiner Graben. Der Triftweg führt direkt ins Dorf Reitwein. Gleich geht es links in die Fischerstraße. Der Name ist Beleg dafür, dass die Reitweiner in früheren Zeiten neben dem Ackerbau ihren Lebensunterhalt mit der Fischerei verdienten. Sie führt zu einer der kleinsten Galerien Deutschlands – dem „Trafo.3“ in einem alten Trafoturm. Zu jeder Tages- und Nachtzeit können Interessierte per Knopfdruck das Innere beleuchten und eine Handvoll Kunstwerke betrachten.
Dorf mit Geschichte
Ein geducktes Backsteinhaus an der Hauptstraße birgt am rechten Giebel eine interessante Inschrift. Die kyrillischen Buchstaben mahnten die Soldaten der Roten Armee 1945 auf ihrem Weg nach Berlin, nicht zu trödeln. Weitere Zeugnisse der größten Schlacht des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden, von der Reitwein besonders betroffen war, sind in dem bewaldeten Höhenzug Reitweiner Sporn zu sehen. Es sind Laufgräben und Schützenlöcher, in denen sich die Soldaten wochenlang verschanzten. Eine Stiege führt zum Shukowbunker, von dem aus Marschall Shukow die Schlacht um die Seelower Höhen befehligte.
Stülerkirche am Sporn
Reitweins Markenzeichen ist aber die Stülerkirche. Stolz erhebt sich ihr Turm am Hang des Reitweiner Sporns und grüßt jeden Herannahenden. Rudolf Graf Finck von Finckenstein beauftragte keinen Geringeren als den „Architekten des Königs“, Friedrich August Stüler, mit dem Bau. Vom gleichen Bauherren stammte auch das Schloss. Eine Hecke hinter dem Russischen Friedhof zeichnet heute nur noch die Grundmauern nach. Ein schöner Platz für ein Picknick ist es aber allemal. Nach einer Stärkung in der Gaststätte „Am Reitweiner Sporn“ endet die Wanderung an der Bushaltestelle mitten im Dorf. Der Bus 969 bringt Reisende zurück nach Küstrin-Kietz (RB26) oder nach Frankfurt (Oder). Da der Bus nicht so häufig fährt, ist es ratsam, sich vor der Tour über die Fahrzeiten für den Rückweg zu informieren. Ab Frankfurt (Oder) fahren u. a. der RE1 Richtung Berlin, die RB60 nach Eberswalde oder die RB36 Richtung Königs Wusterhausen.
Rudolf Graf Finck von Finckenstein (1813–1886)
Rudolf Graf Finck von Finckenstein übernahm 1842 durch seine Heirat mit der Erbin Erdmuthe von Burgsdorff das Gut Reitwein. Der gerade 29 Jahre junge Graf bewies unternehmerisches Geschick und legte den Grundstein für einen florierenden Gutshof. Um 1850 errichtete er eine eigene Ziegelei, so stand ihm billiges Baumaterial zur Verfügung und er gab neben der Kirche die Aufträge zum Bau des Pfarr-, Inspektor- und Feierabendhauses (heute Kindergarten) sowie des Bergschlösschens. 1880 ließ er zu Füßen der Kirche die Gräfliche Villa als Alterssitz errichten.
Bäckerei Andreas Grzegorski
Oderbruchstraße 9, 15328 Küstriner Vorland OT Küstrin-Kietz
Di – Fr 6.30 –12, 15 –17 Uhr
Mi Nachmittag geschlossen
Sa 6.30 –11 Uhr
Reitwein
Galerieprojekt Trafo.3
Gaststätte Am Reitweiner Sporn
Wuhdener Weg 4, 15328 Reitwein
Tel. 033601 46843
Do – Di 11.30 – 21 Uhr geöffnet
Stündlich mit der RB26 ab Berlin Ostkreuz oder Berlin-Lichtenberg bis Küstrin-Kietz
Der Ausflugstipp auf dieser Seite stammt aus unserer Broschüre "TraumhaftSchöne Aussichten".
Diese und weitere Broschüren und Tipps finden Sie auf unserer Ausflugsseite.
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Bilder auf dieser Seite: terrapress | Antje Voigt