VOM KAISERBAHNHOF ZUM WERBELLINSEE
Es ist ein Märchenplatz, auf dem wir sitzen, denn wir sitzen am Ufer des Werbellin, schwärmte einst Theodor Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Und genau dort wollen wir hin. Picknick und im Sommer Badesachen nicht vergessen!
Die knapp acht Kilometer lange Wanderung am östlichen Seeufer führt vom Kaiserbahnhof Joachimsthal (RB63) zur einzigen Ortschaft direkt am Wasser – nach Altenhof. Dichter Wald umgibt den Werbellinsee, eine Perle im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Der Name des Bahnhofs verrät es bereits: Hier stieg Kaiser Wilhelm II. aus seinem Salonwagen, wenn er in die Schorfheide zur Jagd fuhr. Der Fachwerkbau ähnelt äußerlich einem schlichten norwegischen Landhaus, im Inneren aber konnte der letzte deutsche Kaiser standesgemäß im großen Salon mit Kamin auf den Zug warten … Heute gibt’s im Kaiserbahnhof was auf die Ohren – nämlich Hörspiele und Lesungen, denn er ist Deutschlands erster Hörspielbahnhof.
Schätze im Werbellinsee
Vom Kaiserbahnhof geht es durch ein Waldgebiet hinunter zur Nordspitze des Sees. Dort hat die Reederei Wiedenhöft ihren Sitz, starten Fahrgastschiffe zu Rund fahrten. Die Seerandstraße bringt die Wandernden zu einer Badestelle. Hier beginnt auch der Wanderweg, der mit blauem Balken und grünem Punkt ausgeschildert ist. Immer wieder gibt der schmale Uferweg den Blick frei auf den Werbellinsee, ein typischer Rinnensee aus der letzten Eiszeit: Fließendes Wasser trug unter dem Eis Material ab und ließ so tief eingeschnittene Rinnen entstehen. Der See erstreckt sich über knappe zehn Kilometer und ist bis zu 60 Meter tief. Nur der Große Stechlinsee ist in Brandenburg tiefer. Im geheimnisvollen Dunkeln des Werbellinsees ruhen versunkene Schiffe, die Taucher magisch anziehen. Vor über 250 Jahren setzten hier sogenannte Kaffenkähne die Segel. Das waren hölzerne Lastkähne mit spitzem, nach oben gerichtetem Bug, der typischen „Kaffe“. Schätze gibt es hier unten aber eher nicht. Denn die vollbeladenen Kähne brachten nach Wiederherstellung des Finowkanals 1746 und des Werbellinkanals 1766 vor allem Ziegel und Holz in das aufstrebende Berlin. Dabei hatte wohl so manch ein Kapitän bei Wind die peitschenden Wellen des Werbellinsees unterschätzt. Dann half es oft auch nicht mehr, rasch Steine über Bord zu werfen …
Badewiese in Altenhof
Auch heute noch ist auf dem Werbellinsee allerhand los: Nun sind es Motorboote, Yachten und Segelboote, die im Sommer auf dem Wasser kreuzen. Durch die Kanäle sind die Freizeitkapitäne mit der ganzen Welt verbunden. Der Wanderweg führt vorbei am Campingplatz Voigtswiese und gibt herrliche Sichten frei. Einfach mal tief durchatmen! Dann wird der Weg zum Pfad, naturbelassen mit steilen Hängen.
Wir erreichen das weitläufige Gelände der Jugenderholungs- und Begegnungsstätte Werbellinsee (EJB) mit seinen Wohn- und Seminargebäuden, Sportplätzen und dem Strandbad. Wer das Bad nutzen möchte, zahlt von Mai bis September Eintritt. Wandernde können das Grundstück frei passieren und Richtung Altenhof laufen. Auf dem Areal entstand 1951 die Pionierrepublik „Wilhelm Pieck“, benannt nach dem ersten Präsidenten der DDR. Kinder aus über 50 Ländern verbrachten in internationalen Sommerlagern der damaligen Jugendorganisationen ihre Ferien. Der Uferweg am Werbellinsee, der mal blau, dann wieder smaragdgrün in der Sonne schimmert, passiert die große Badewiese von Altenhof, einen Spielplatz und die Marina mit stattlichen Yachten. In Altenhof wird der Weg zur Promenade mit Bänken zum Innehalten und Träumen. Reste eines Pfahlhauses, die im Wasser entdeckt wurden, zeugen von einer Zeit, als Wenden am Ufer lebten und dem See den Namen gaben. Es entstand die Sage von der untergegangenen Stadt „Werbelow“: Die Stadt war reich und die Leute konnten es sich leisten, selbst Alltagsgegenstände aus Gold und Silber zu fertigen. Mit der Zeit aber wurden die Menschen hochnäsig. Eines Tages kam ein Bettler in die Stadt, wurde jedoch an jeder Tür schroff abgewiesen. Nur im letzten Haus ließ ihn ein gutmütiger Mann ein. Dieser träumte in der Nacht, er solle die Stadt sofort verlassen, was er auch tat. Er drehte sich um und erschrak: Anstelle der Stadt Werbelow war da nur noch ein großer See … Es heißt, Sonntagskinder können heute noch am Johannistag, also am 24. Juni, die Stadt sehen und ihre Glocken läuten hören.
Dass Altenhof einst ein Fischerdorf war, davon berichtet heute die Gaststätte „Alte Fischerei“, ein reetgedeckter Pfahlbau mit schönstem Seeblick. Auch in „Theodors Restaurant“ im Fontane-Hotel und in anderen gastlichen Häusern von Altenhof können sich die Wandernden gut stärken, bevor es auf den Rückweg geht.
Mit dem Schiff zurück
Am Fontaneplatz mit dem Denkmal des großen Dichters und dem Schiffsanleger heißt es entscheiden: entweder die acht Kilometer auf dem gleichen Weg zurück oder ein interessanter Perspektivwechsel. Der bringt uns sehr bequem mit dem Dampfer der Reederei Wiedenhöft quer über den Werbellinsee wieder zur Nordspitze. Ab Altenhof sticht die „Altwarp“ von Mitte April bis Oktober täglich außer montags um 14.15 und 16.45 Uhr in See.
Kaiserbahnhof – Hörspielbahnhof
16247 Joachimsthal
www.hoerspielbahnhof-joachimsthal.de
Besichtigungen:
April – Anfang Okt. Sa – Mo und Feiertage
Hörspielsaison:
in den Sommerferien Brandenburgs
Führungen und Auskünfte:
Schorfheide-Information
Tel. 033361 64646
www.schorfheide.de
Gaststätte Alte Fischerei
Am See 3, 16244 Schorfheide OT Altenhof
Tel. 033363 3141
www.altenhof-werbellinsee.de/alte-fischerei
Fontane Hotel
Am See 7, 16244 Schorfheide OT Altenhof
Tel. 033363 52390
www.fontanehotel.com
Reederei Wiedenhöft
Seerandstr. 23, 16247 Joachimsthal
Tel. 033361 474 und 0171 5426867
www.werbellinsee-schorfheide.de