RADTOUR UM DEN GRIMNITZSEE

Nur mit dem Teufel konnte es zugehen, wenn jemand im 16. Jahrhundert in der armseligen Streusandbüchse Brandenburg gar Bodenschätze und Heilquellen nachwies. Einen zweifelhaften Ruf genoss daher Leonard Turneysser, Leibarzt des Kurfürsten. Aus heutiger Sicht ist er ein wissenschaftliches Multitalent von faustischer Genialität: Unter seiner Anleitung stellte die erste Glashütte am Ufer des Grimnitzsees um 1570 feines weißes Glas her.

Die Spuren der einstigen Glasmacher sind kaum merklich der Landschaft um Joachimsthal eingeschrieben. Der besonders feine Sand enthielt die wichtigen mineralischen Rohstoffe. Laub und Rinden des dichten Buchenwaldes lieferten die Pottasche und das Holz den notwendigen Heizwert, um hier Glas zu brennen. Zwar gab es bereits seit dem 13. Jahrhundert eine Askanierburg, aber erst die Glashütten brachten Leben in die Region. Die Glasbrenner zogen dem Wald hinterher, auf den gerodeten Flächen siedelten Bauern und Handwerker. So entstand Joachimsthal, der beliebte Erholungsort zwischen Werbellinsee und Grimnitzsee. Dass statt des einst dichten Buchenwaldes heute Wiesen, Mischwald, Felder und idyllische Weidengruppen die Ufer des Sees säumen, mag den einstigen Glashütten zuzuschreiben sein.

Kaiserbahnhof und Biorama-Projekt
Für die Radtour empfiehlt sich die Ankunft in Joachimsthal Kaiserbahnhof. Wo einst herrschaftlich zur Jagd gerüstet wurde, befindet sich jetzt der Erste Deutsche Hörspielbahnhof. Gegenüber vermietet die Gaststätte „Zum Kaiserbahnhof“ Fahrräder. Los geht’s entgegen dem Uhrzeigersinn um den See. Auf dem Weg nach Althüttendorf fahren die Radler ein Stück auf dem Paradiesweg, dann nach links zur Töpferstraße und kommen am Biorama-Projekt vorüber. Der ausgebaute Wasserturm erlaubt einen weiten Blick bis fast nach Berlin, auf jeden Fall über die Naturschutzgebiete der Schorfheide. Der Ort Althüttendorf verrät schon im  Namen, dass hier einst Glasbrenner zu Hause waren. Zwischen 1601 und 1792 gab es nacheinander sechs „Grimnitzer Glashütten“ an verschiedenen Orten. Ob Tafelglas oder grünes Gebrauchtglas, Apothekerbedarf oder Scheiben für Butzenfenster – die Glasherstellung gilt als frühester Industriezweig im Lande. Wanderkirche und mystische Nornen sind in Althüttendorf nicht zu verfehlen. Die drei Nornen galten in der nordischen Mythologie als Schicksalsgöttinnen. Ihren Thron haben Urd, die „Vergangenheit“, Verdani, die „Gegenwart“, und Skuld, die„Zukunft“, mitten im Ort und weben dort in aller Öffentlichkeit am Zeitgeist. Ein Geheimtipp Einheimischer aber lautet: „Gehen Sie mal auf den Friedhof!“ Dort öffnet sich der schönste Ausblick über den See – und dies am Fuße der 350-jährigen „Dorfgründungseiche“, deren Stammumfang fast sechs Meter misst. In ihr sind die Jahrhunderte zu harmonischer Gestalt gewachsen. Der Radweg um den Grimnitzsee führt am Naturbeobachtungspunkt, auch Eulenturm genannt, vorbei. Weiter geht es durch Wiesen und Wald. Immer wieder blinkt linker Hand der See durch die Bäume. Für den großen Hunger kann man donnerstags bis sonntags am Nordostufer des Sees im „Leistenhaus” einkehren.

Ein Haus voller Dichtkunst
Nach dieser Tour durch weite sattgrüne Landschaft lädt Joachimsthal selbst mit vielen Sehenswürdigkeiten ein, durch den Ort zu streifen. Die Schinkelsche Kreuzkirche ist ein architektonisches Schmuckstück. In ihrem Innern wurde das noch  intakte Uhrwerk der alten Kirchturmuhr direkt neben dem Altar platziert. Es symbolisiert sowohl Vergänglichkeit als auch Unendlichkeit.
Eine kulturelle Seltenheit findet sich in der Glockenstraße 23: das Lyrikhaus. Ein ganzes Haus voller Dichtkunst. Es hat auch am Wochenende geöffnet, und einmal im Monat lesen sonntags zur schönsten Kaffeezeit Dichter. An kühlen Tagen wärmt der Lehmofen, auf dem man es sich gemütlich machen und träumerisch in poetisch gewebten Werken blättern kann.
Ein Abstecher führt durch die Grimnitzerstraße zur Nummer 11a. Hier ist der Förderverein Grimnitzer Glashütten dabei, die Schauwerkstatt neu zu gestalten. Zweimal im Jahr, im August und am 3. Advent, werden hier zünftig Glashandwerk betrieben und die zart-schönen Werke zum Kauf angeboten. Vom Kaiserbahnhof geht es wieder heimwärts durch die einstige Glasmachergegend zwischen Werbellin- und Grimnitzsee.


 

Grimnitzer Glastage

In die Kunst der Glasherstellung weihen die Grimnitzer Glastage ein. Jährlich an fünf Tagen im August wird in der Schauwerkstatt des Fördervereins Grimnitzer Glashütten e.V. der Glasofen angeblasen. Die Gäste können zusehen, wie bei 1.000 Grad Celsius aus Quarzsand, Holzasche und Rohglas eine gelbglühende, zähflüssige Glasmasse entsteht. Was aus dieser Schmelze alles gedreht, geschwenkt und geblasen wird, erlebt der Besucher ganz unmittelbar. Nebenbei gibt es Glaskunst zu kaufen, Musik zu hören und Gelegenheit, gemütlich beieinander zu sein. Besonders beliebt ist die „Glasnacht“ mit Live-Musik und Imbiss.
Mehr Infos unter www.glashuettegrimnitz.de


 

 


Schorfheide-Info

Töpferstraße 1, 16247 Joachimsthal  
Tel. 033361 64646
www.schorfheide.de
April – Okt.: Mo – Sa 10 – 16 Uhr
Nov. – März: Mo/Mi/Fr 10 – 15 Uhr


Gaststätte und Pension mit Radverleih „Zum Kaiserbahnhof”

Bahnhof Werbellinsee 4, 16247 Joachimsthal
Tel. 033361 71027
www.zum-kaiserbahnhof.de
Mo/Fr ab 12 Uhr, Di – Mi/Sa/So ab 11 Uhr, Do Ruhetag


Lyrikhaus Joachimsthal 

Glockenstraße 23, 16247 Joachimsthal
Tel. 0172 7017197
www.lyrikhaus.de  
Fr – So 13 – 19 Uhr

 

Der Ausflugstipp auf dieser Seite stammt aus unserer Broschüre "WunderSchöne Aussichten".

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