Entdecken-Schmökern RB27 Heimathelden: Eine für alle Fälle- Feuerwehrfrau Sylvia vom Löschzug Zühlsdorf

Jackie A. fährt für die NEB durch Ostbrandenburg und trifft Menschen, die besonderes für Ihre Region schaffen.

Sylvia will nicht! Sie bräuchte Bedenkzeit, antwortete sie auf meine WhatsApp-Nachricht, und ich muss die Frau, die seit fast 25 Jahren in der Freiwilligen Feuerwehr ist, dem 
Löschzug in Zühlsdorf, zum Gespräch erst mal überreden. Im Mittelpunkt zu stehen 
ist gar nicht ihr Ding. Aber Abwimmeln lassen wollte ich mich auch nicht, schließlich ist 
sie die einzige Feuerwehrfrau, die ich bisher traf.

Und das ist schade, denn ob bei den Einsätzen Frau oder Mann am Start ist, spielt dank verbesserter Technik längst keine Rolle mehr. Kaum eine weiß das besser als Sylvia. Abgesehen von ihr bekam ich nie Feuerwehrfrauen zu Gesicht. Nicht vor den 
Wachen, wenn die Kameraden gerade rauchend eine Pause einlegten, und auch nicht in den regionalen TV-Nachrichten, wenn bei einem Sturm oder Brand vor Ort die Lage erklärt wird. – Stets ist es ein Mann. Und, nicht falsch verstehen, jeden davon feiere ich 
für seinen Einsatz: Ehre, wem Ehre gebührt! Nur, wie erklären wir das den Mädchen und Frauen, dass sie hier genauso gefragt sind, wenn es kaum weibliche Vorbilder gibt?

Was passiert, wenn eine Frau ihr Team maßgeblich mitprägt, konnte ich beim Treffen mit Sylvia Erdmannski und Teilen der Zühlsdorfer Feuerwehrjugend erleben. Sylvia ist nicht nur bei  vielen Einsätzen dabei, sondern kümmert sich als Jugendwartin auch 
um die nachwachsende Generation. Da werden neben Wettbewerben Ausflüge veranstaltet oder, wie vor ein paar Wochen geschehen, sich zum Halloween-Kürbis-Schnitzen verabredet, zu dem sie mich ebenfalls einlud.

Als ich zum Termin auf der Wache eintraf, konnte ich es kaum glauben: Ich sah nur Mädchen! Später entdeckte ich auch ein paar der älteren Jungs, nicht zu vergessen den 13-jährigen Leon. Aber mit Emma, Lisa, Liselotte, Emilia und der kleinsten, der 4-jährigen Elli, war der weibliche Nachwuchs eindeutig in der Überzahl. Wir saßen um einen Tisch herum, schnitzten Augen und Münder in Kürbisse. Es fühlte sich gar nicht an, wie auf einer Wache, zu der die Freiwilligen zu Hause, sobald die Sirenen losheulen, eilen und alles andere augenblicklich stehen lassen. Und zum Glück würde 
es heute Nachmittag ruhig bleiben. Selbstverständlich ist das nicht, denn die Einsätze werden mehr, berichtete Sylvia. Seit 1994 ist sie schon dabei. Damals zog sie aus Berlin nach Zühlsdorf, folgte ihrem Bruder, der kurz zuvor eingetreten war. Später würde noch Ehemann Jan dazustoßen, Tochter Emilia macht inzwischen auch mit. 
Sylvia erzählte, warum es ihr bei der Feuerwehr gefällt, dass man auch nach den Einsätzen aufeinander zählen kann, z. B. wenn ein Umzug ansteht. Und wie die Ehrenamtlichen mit den Jahren zusammenwuchsen. Sie erinnert sich an die gemeinsame Tour zum Schiffshebewerk, bei der alles schiefging, das Auto den Geist aufgab und das Team nie ankam. Und wie spektakulär lustig dieser Ausflug doch war. –Auch, dass der Zusammenhalt stark ist, es aushält, wenn unterschiedliche Ansichten aufeinanderprallen. Da wird sich gestritten und wieder vertragen. Persönliches wird immer untergeordnet, wenn es zum Einsatz kommt, bei dem es um Leben 
und Tod gehen kann. Im Dorf wird die Freiwillige Feuerwehr schwer verehrt. Beim Sturm Zeynep rückten sie drei Tage und Nächte in Folge aus, haben Straßen und Häuser von umgestürzten Bäumen befreit. Manchmal kommen auch Anwohner vorbei, 
bringen belegte Brote und Kaffee mit.

Sylvia erklärte mir, dass sich das Zusammengehörigkeitsgefühl bei den Kindern schon früh entwickelt. „Und wie ist das mit jenen, die keine Möglichkeit zum Reinwachsen haben, den frisch Zugezogenen und Quereinsteigern, Menschen, die ohne Vorkenntnisse mitmachen wollen?“, wollte ich wissen. „Die könnten auch kommen und sich das hier mal anschauen“, sagte Sylvia. Selbst wenn jemand gesundheitlich 
nicht in der Lage ist, bei den Einsätzen mitzufahren, könne man sich engagieren, zum Beispiel in der Jugendarbeit. Ich fragte Sylvia, wo sie sich selbst in zehn Jahren sieht. Sie hofft, dass dann die Mädchen genau wie die Jungs mit ihr im Löschzug fahren. „Wenn nur drei von ihnen in Zühlsdorf blieben, wäre das schon toll.“

 

Sylvia Erdmannnski ist bei der Freiwilligen 
Feuerwehr Mühlenbecker Land beim Lösch-
zug Zühlsdorf. Als Jugendwartin führt sie 
sechs Mädchen und neun Jungs an die Auf-
gaben der Feuerwehr heran. 

Jackie A. ist Kolumnistin für das Magazin 
tip berlin. Für die NEB fährt sie durch 
Ostbrandenburg und trifft Menschen, die 
Besonderes für unsere Region schaffen.