Entdecken-Schmökern Auf schmaler Spur in Deutschland

Vom „Rasenden Roland“, der Inselbahn auf Rügen, über die Harzer Schmalspurbahn, die ganzjährig im Einsatz ist, bis hin zur Zugspitzenbahn, die Deutschlands höchsten Berg erklimmt – überall im Land findet man Kleinbahnen, die auf schmaler Spur fahren. Was aber macht eine Schmalspurbahn eigentlich aus? Wir schauen mal nach.

Mit „Spurweite“ bezeichnet man den Abstand der Bahngleise zueinander und diese Abstände können unterschiedlich weit sein: In Europa hat sich für den Regelbetrieb die sogenannte Normalspur mit einer Breite von 1435 Millimetern durchgesetzt – auch die NEB fährt auf dieser Normalspur. Alles, was einen breiteren Gleisabstand hat, ist Breitspur, alles mit engerem Abstand ist eben die Schmalspur. Die Gleise der Schmalspur sind leichter und kostengünstiger zu verlegen als die Normal- oder Breitspur. Das machte man sich insbesondere in der Anfangszeit der Eisenbahn zunutze: Da es noch keine einheitlichen Gesetze zur Eisenbahn mit entsprechenden Vorschriften und staatlicher Finanzierung gab, entstanden die Strecken meist durch private Investoren, die natürlich an einer günstigen Bauweise interessiert waren. Ende des 19. Jahrhunderts förderte der Staat den Ausbau des Streckennetzes, bei dem auch kleine, schlecht erreichbare Ortschaften im ländlichen Raum an die Hauptstrecken angebunden werden sollten. So kam es zu entsprechenden Sekundär- und Kleinbahngesetzen, bei denen Schmalspurbahnen weniger strengen Regeln zu folgen hatten als die Bahnen der Hauptstrecken: Durch die geringeren Geschwindigkeiten waren beispielsweise weniger Bremsen an den Wagen und Begehungen der Strecken erforderlich, auch Bahneinfriedungen und Sperrsignale waren nicht vorgeschrieben.

Einen weiteren Vorteil bilden die engeren Kurvenradien, die durch die schmalere Spurweite möglich werden. So können selbst in unwägbarem Gelände, im Gebirge oder bei beengtem Raum wie auf Inseln überhaupt Bahnen fahren. Dass sich trotz dieser Vorteile die Normalspur durchgesetzt hat, hängt mit dem Schwerpunkt der Wagen zusammen, der bei Schmalspurbahnen höher liegt als bei Normalspurbahnen. Sehr hohe Geschwindigkeiten, wie beispielsweise mit einem ICE, kann man mit einer Schmalspurbahn nicht fahren – das Risiko, dass der Zug entgleist, ist zu hoch. Güterverkehr auf Schmalspurbahnen findet man in Deutschland nur noch vereinzelt, denn neben der Gewichtsverteilung auf den höheren Wagen ist die Abnutzung der Strecke durch die enger beieinanderliegenden Schienen bei dem zusätzlichen Gewicht zu hoch, was die Strecke wiederum unrentabel macht.

Waren in der Anfangszeit der Eisenbahn noch viele Schmalspurbahnen im Personenverkehr im Einsatz, wurden mit den entsprechenden Eisenbahngesetzen in Deutschland die Bahnen meist auf die Normalspur vereinheitlicht – so zum Beispiel auch die Buckower Kleinbahn, die im Einzugsgebiet der NEB fährt. Mit der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Westdeutschland die Schmalspurbahnen, die als Relikt aus einer anderen Zeit angesehen wurden, weitgehend zurück- oder umgebaut, während sie in der DDR weiter genutzt wurden – teilweise sogar mit neuen Dampflokomotiven im Regelbetrieb. Doch auch hier gewann der Kraftfahrzeugbetrieb immer mehr an Bedeutung und löste die Bahn ab, sodass auch in Ostdeutschland immer mehr Strecken stillgelegt wurden. Halten konnten sich vor allem die mit Dampf befahrenen Strecken an der Ostsee, im Harz und die sächsischen Schmalspurbahnen, da sie unter Denkmalschutz standen und Touristenattraktionen bildeten. Dass sich auch in Westdeutschland Schmalspurbahnen halten konnten, ist vor allem dem Engagement von Hobbyeisenbahnern und privater Vereinigungen geschuldet. Mit der Wiedervereinigung wurden die Bahnstrecken der DDR von der Deutschen Bahn übernommen, mit Ausnahme der letzten in der DDR regulär mit Dampflokomotiven befahrenen Strecken. Diese konnten nur weiter bestehen, wenn sie für touristische Zwecke im Museumsbetrieb genutzt wurden.

Tatsächlich ist es immer etwas Besonderes, mit einer solchen Schmalspurbahn zu fahren, sei es nun eine Fahrt mit dem historischen Schienenbus T1 auf Borkum, der aufgrund seiner Form von den Insulanern liebevoll „Schweineschnäuzchen“ genannt wird, oder in nostalgisch anmutender Holzvertäfelung wie bei dem dampfbetriebenen „Molli“, der sogar mitten durch den Ort Bad Doberan fährt. Ja, diese Züge haben eigene Namen – dabei sind sie kein bisschen großspurig.

 


Text: Anna Büsching | Foto: Pixabay/Steffen G