Entdecken-Schmökern RB25 RB26 RB60 Heimathelden: Kartoffelacker, fliegende Stative und Deichkind

Jackie A. fährt mit der NEB durch Ostbrandenburg und trifft Menschen, die Besonderes für unsere Region schaffen.

Unterwegs in der Barnimer Feldmark

Als ich bei Torsten Jeran, Gründer des Regionalpark Barnimer Feldmark e. V., umständlich mit Stativ bepackt hereinplatzte, saß da gerade noch die Ortsvorsteherin von Krummensee, um Details eines neuen Radwegs zu besprechen, der die Orte verbinden soll. Überhaupt sind Radwege ein Riesenthema bei Torsten Jeran, genau wie Kartoffeln – aber immer der Reihe nach. Denn erst mal ging es mit dem vereinseigenen Elektrowagen auf Tour über die Barnimer Landstraßen.

Der Tag war nasskalt und grau, und die schon von Fontane angepriesene Barnimer Feldmark, die sich zwischen Berlin, Bernau und Strausberg erstreckt, schien mir aus dem Autofenster he raus betrachtet nicht gerade einladend. Mit Jeran an der Seite wurde es dann doch noch heiter, weil er bildhaft erzählen und lachen kann, wo andere verzweifeln. Zum Beispiel, als ihm mein Stativ während der Fotoaufnahmen für den NEB-Express dank einer Böe mitsamt Kamera entgegenflog. Er kommentierte das mit Zeilen aus einem Track von Deichkind: „In der Natur. Da verknackst du dir den Fuß. In der Natur. Da versagt dein Survival-Buch …“ Findet er witzig, sagte er. Finde ich auch, und als ich fröstelnd über die Felder blickte, den Fernsehturm winzig in der Ferne sah, die alten Obstbäume entlang der Wege und die zerzausten Wolken, da fühlte ich für einen Moment die ganze Weite in mir.

Ich zeige auf die Windräder, frage Jeran, wie er dazu steht. Er ist sich sicher, dass sie einmal in den Geschichtsbüchern als Industriedenkmäler aufgeführt werden, die, ähnlich wie Solaranlagen, den Umbruch der Energiewende markierten. Später auf der Fahrt erzählt er von seinen Anfängen vor über 30 Jahren in Blumberg. Nach seinem Landtechnik-Studium – seine Diplomarbeit hatte er damals rund um die Speisekartoffel geschrieben – wurde er Betriebsratsvorsitzender in der „Knolle“, einem früheren Kartoffellagerhaus der LPG. Die LPGs waren zu DDR-Zeiten strategisch wichtig für die Versorgung der Bevölkerung. Bis zu 60 Tonnen Kartoffeln wurden täglich in Blumberg verarbeitet, erzählt Jeran.

Bis heute ist die Gegend noch von Landwirtschaft geprägt. Mit ihren Biobauernhöfen, den Seen und Landschaftsparks wird sie immer öfter auch als Ausflugsgebiet genutzt. Ausgedehnte Radtouren funktionierten hier besonders gut, berichtet Jeran. Daher plane er weitere Radwege, die sich abseits der Straßen durch die Natur ziehen. Auf denen könne man dann auch mit Rollator oder zu Fuß die Gegend erkunden.

Als ich nach dem Menschenschlag in der Region frage, sagt er, es gäbe diese Redensart: „Die Landwirte werden mit einem Stein auf der Brust großgezogen, damit sie besser stöhnen können, wie schlimm alles ist.“

Dabei scheint hier, abgesehen vom Wetter, nicht allzu viel schlimm in der Feldmark. Im Gegenteil: Viel hat sich hier verbessert im Vergleich zur Nachwendezeit in den 1990er-Jahren, als Jeran in der Funktion eines Regionalreferenten für das Förderwerk Land- und Forstwirtschaft dafür zuständig war, die Bäuerinnen und Bauern, die von einem Tag auf den anderen ohne Arbeit waren, in Fördermaßnahmen und neue Jobs zu vermitteln. Das war keine einfache Zeit, erzählt er. „Und heute?“, frag ich nach. Da ist Arbeitslosigkeit längst kein Thema mehr. Die Betriebe suchen überall nach Azubis. Im Landkreis werden vier neue Schulen gebaut.

Jeran parkt das Auto. Wir sind an unserer letzten Station angekommen, dem sanierten Gutshaus Börnicke. Hier wird seit 2020 Bier in der eigenen Braugenossenschaft gebraut. Wir trinken eines zum Abschied, reden auch über die Partnerprojekte mit Polen: Fahrradwege – natürlich! Aber auch über die Umbrüche in aufregenden Zeiten, die wir überall spüren. Dabei hat Jeran diesen Grundoptimismus. „Wir sind doch produktiv“, sagt er. Die neuen Wege, die Schulen, die gepflanzten Hecken – all das wird bleiben.

 

Torsten Jeran, Diplomingenieur, hat den Verein Regionalpark Barnimer Feldmark e. V. 1996 gegründet. Seit den 1990er-Jahren ist er in der Projekt- und Regionalentwicklung tätig. Hauptberuflich ist er Regionalmanager der durch die EU geförderten LEADER-Region Barnim.

Jackie A. ist Kolumnistin für das Magazin tip berlin. Für die NEB fährt sie durch Ostbrandenburg und trifft Menschen, die Besonderes für unsere Region schaffen.

 

Die Barnimer Feldmark erreichen Sie mit den NEB-Linien RB25, RB26 und RB60.

 


Foto auf dieser Seite: Jackie A.