Entdecken-Schmökern Überschallgeschwindigkeit in Bodennähe

Der Hyperloop ähnelt einer überdimensionalen Rohrpost: In Unterdruck-Röhren befinden sich Transportkapseln, die sowohl Waren als auch Personen bei Geschwindigkeiten befördern, die wir sonst nur aus der Luftfahrt kennen – beinahe in Überschallgeschwindigkeit, und das in Bodennähe. Zahlreiche Start-ups und Forschungsgruppen tüfteln an der Umsetzung dieses neuartigen Transportsystems.

Einmal beschleunigt, benötigt eine Hyperloopkapsel dank der Magnettechnologie im annährend luftleeren Raum keinen Antrieb mehr und fährt nahezu emissionsfrei. Doch das größte Versprechen des Hyperloops ist die Zeitersparnis auf längeren Strecken: Man bräuchte für die Strecke Berlin-München bei Schallgeschwindigkeit (1.200 km / h) nur eine halbe Stunde. Allerdings könnte er – ähnlich wie ein ICE – diese Geschwindigkeiten nur auf entsprechend geraden Strecken erreichen und ist daher nicht für den Zubringerdienst gedacht.

Die Initialzündung für den Hyperloop legte 2013 Elon Musk, der von 2015 bis 2019 Wettbewerbe ausschrieb, bei denen die verschiedenen Forschungsteams auf einer Teststrecke von einer Meile Länge ihre Hyperloop-Prototypen gegeneinander antreten lassen konnten. Den prestigeträchtigen Sieg holte jedes Mal das Team der Technischen Universität München (TUM), zuletzt mit 500 km / h.

Ende September 2022 begann die TUM mit dem Bau einer eigenen Teststrecke, bei der künftig das Verhalten der Kapseln in realen Dimensionen getestet wird. Das Segment ist 24 Meter kurz. Es geht also nicht um Geschwindigkeit, sondern um das Testen der Magnettechnologie, des Schwebens, Anfahrens und Abbremsens der Kapseln, und der Vakuumtechnologie, die mit Pumpen den Unterdruck in den Röhren erzeugt.

In Metallröhren ist ein Vakuum einfacher aufrecht zu erhalten als in Betonröhren, wie sie derzeit für Tunnelbauten eingesetzt werden. Auch die TUM-Teststrecke ist aus Beton, weil man auch in der Realität wird Kompromisse eingehen müssen. Gleiches gilt für die Höchstgeschwindigkeiten, die das Münchener Team bislang mit „nur“ 900 km / h ansetzt. Bei Schallgeschwindigkeit (1.200 km / h) sind Energiebedarf und aerodynamische Effekte immens – die Zeit, die man im Vergleich einspart, wiegt den Mehraufwand und die Risiken nicht auf.

Tatsächlich empfiehlt es sich, beim Personenverkehr die hohen Sicherheitsauflagen im Hinterkopf zu behalten. So ist vieles noch Gegenstand der Forschung: Kurvenradien, Abzweigungen im Röhrensystem, Sicherheit bei Notfällen, Luftaustausch und Druckausgleich in den Kapseln und das automatisierte Fahren mehrerer Kapseln in Reihen. Aber auch allgemein die Kosten von Doppelkilometern – schließlich muss für den Hyperloop eine komplett neue Infrastruktur gebaut werden.

Da kommt ein Start-up wie Nevomo sehr gelegen: Das in Warschau und der Schweiz beheimatete Unternehmen entwickelt eine Technologie namens MagRail, die herkömmliche Eisenbahnstrecken mit einem zusätzlichen Gleis für Magnetschwebetechnologie kombiniert. Man könnte dann eine schon bestehende Eisenbahnstrecke zunächst mit beiden Fahrzeugtypen nutzen und sie graduell zu einem Hyperloop ausbauen.

Letztlich geht es bei diesen Test- bzw. Time-to-Market-Phasen darum, möglichst frühzeitig auf Probleme zu stoßen, dann die Lösungen mit der Forschungsgemeinschaft zu teilen und Normierungen vorzunehmen. So werden neue Technologien sicherer, miteinander kompatibel und eher von der Allgemeinheit und politischen Entscheidungsträgern akzeptiert. Bei den Anfängen der Eisenbahn hatte man auch Bedenken, die sich als unbegründet herausgestellt haben – dafür traten andere Herausforderungen auf. Wir bleiben gespannt!

 

Mehr zu den Anfängen des Hyperloops finden Sie im NEB-Express August/September 2017. Mehr zum Hyperloop unter www.tumhyperloop.com sowie www.nevomo.tech.

 


Text: Anna Büsching | Fotos: WARR Hyperloop Team | Fabian Vogl/TUM | TUM Hyperloop