Entdecken-Schmökern RB25 Heimathelden: Gärtnerin gesucht

Jackie A. fährt mit der NEB durch Ostbrandenburg und trifft Menschen, die Besonderes für unsere Region schaffen.

„Was mache ich hier eigentlich?“, frage ich mich im Zug RB25 nach Blumberg. Vor ein paar Wochen noch hatte ich mich auf den Besuch bei den starken Girls vom Gärtnerinnenhof gefreut, die mir ihre grüne Welt zeigen würden, mit Gewächshäusern voller jungem Salat und Kohlrabi. Und nun ist alles zur Nebensache geworden. Vorm Haus ist noch nicht mal die letzte, vom Sturm Zeynep umgeworfene, Kiefer geräumt, die Pandemie ist noch immer nicht durch und plötzlich haben wir Krieg in Europa.

Ich erlebe Freunde und Bekannte von ganz neuer Seite, die sich, um zu helfen, in Windeseile organisieren und dabei zusammenhalten, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte … Die ewigen Corona-Diskussionen: vergessen! Bei uns im Dorf sind es viele der Alten, die über die Volkssolidarität von Küchengeräten bis zu Sprachkursen alles für die Geflüchteten organisieren. Und in Blumberg, wo ich inzwischen angekommen bin, hilft die Feuerwehr beim Koordinieren.

Davon berichten mir Isy und Maria, die Chefinnen vom Gärtnerinnenhof, und ich muss kurz schmunzeln, denn die beiden sind echte Typen. Isy trägt Schiebermütze und dreht sich erst mal eine Zigarette, Maria parkt ihre Hände in den Hosentaschen, wortkarg mit skeptischem Blick, wie ein alter Bauer.

Sie sind hier die neue Generation von Gärtnerinnen, die auf der 3 Hektar großen Fläche der ehemaligen Schlossgärtnerei, direkt am Eingang des weitläufigen Lenné-Parks, arbeiten. 2013 hatte Maria hier ihre Ausbildung beendet, sammelte danach Erfahrungen auf verschiedenen Höfen, auch auf einer Ranch in Kanada. Sie erlebte, wie die Regale in kanadischen Läden plötzlich leer blieben, weil die Lieferungen aus Amerika nach einer Dürre ausfielen. Für sie ist regional nachhaltiger Gemüseanbau gerade auch in Zeiten von Klimaveränderung und Wetterextremen ein echtes Zukunftsthema. Seit 2019 leitet sie gemeinsam mit Isy den kleinen Betrieb, in dem auf Düngemittel wie Mist, Kompost, Tierhaar- oder Hornprodukte komplett verzichtet wird. Isy ist seit 2007 hier, hatte nach einem Freiwilligen Ökologischen Jahr ihre Ausbildung und den Meister gemacht auf dem Hof, der seit Jahren schon fest in Frauenhänden ist.

Gleich nach der Wende hatte sich eine Gruppe zusammengetan, um den frisch abgewickelten DDR-Betrieb in einen Bio-Gemüsehof mit ABM-Stellen speziell für Frauen umzubauen. Als ich die schweren Geräte im Schuppen sehe und frage, ob das denn wirklich auch immer alles so funktioniert ohne männliche Hilfe, lächeln sie nur müde. Der Beweis wird täglich angetreten. Klar ist auch, wenn etwas leidenschaftlich und mit Hingabe betrieben wird, gelingt es so gut wie immer – ganz gleich, was es ist. Und Gärtnerinnen-Arbeit ist Knochenarbeit … und gleichzeitig ein Privileg.

Isy und Maria empfinden es als etwas Besonderes, mit dem lebendigen Organismus „Boden“ zu arbeiten, mit eigenen Händen Leben zu säen und aufzuziehen, nachhaltig im Einklang mit der Natur. „Ein zutiefst befriedigendes Gefühl ist es, etwas zu essen, das du selbst angepflanzt hast“ – wie Isy sinngemäß sagte. Übrigens: Eine Gärtnerinnen-Stelle ist in Blumberg noch frei. Bewerben können sich mittlerweile auch Männer unter post(at)gaertnerinnen.de. So streng wären sie hier gar nicht, sagt Maria.

 

Gärtnerinnenhof Blumberg / Isy und Maria 
ökologisch regenerative Landwirtschaft von Frauen | Jeden Freitag Hofverkauf von 11 bis 16 Uhr 
www.gaertnerinnenhof-blumberg.de 
www.regenerative-landwirtschaft.de


Jackie A. ist Kolumnistin für das Magazin tip berlin. Für die NEB fährt sie durch Ostbrandenburg und trifft Menschen, die Besonderes für unsere Region schaffen.

 


Bilder auf dieser Seite: Jackie Asadolazadeh